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Strafrecht Aktuell 2022
Tötung auf Verlangen vs. Strafloser Beihilfe
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Der BGH beschäftigt sich seit vielen Jahren in regelmäßigen Abständen mit den Fragen rund um die Sterbehilfe. Die Abgrenzung von Tötung auf Verlangen und strafloser Beihilfe war seit dem BGH, Urteil v. 14.8.1963, 2 StR 181/63 eher naturalistisch vorgenommen worden. Davon weicht der BGH nun ab und spricht die Angeklagte frei, nachdem das Landgericht sie noch wegen Tötung auf Verlangen verurteilt hatte. Sie hatte dem Sterbewilligen alle verfügbaren Medikamente (ca. zehn Tabletten Hydromorphon 25 mg akut und 15 Diazepamtabletten) sowie eine 50-ml-Flasche Prothazin in einem Wasserglas übergeben und ihm anschließend sechs schnell wirkende Insulinspritzen mit jeweils 100 Einheiten verabreicht. Der BGH hob die Verurteilung der Angeklagten auf und sprach sie frei.
Zur Begründung führt der BGH aus, dass die Abgrenzung strafbarer Tötung auf Verlangen von strafloser Beihilfe zum Suizid eine normative Betrachtung erfordert. Solange nach Vollzug des Tatbeitrags dem Sterbewilligen die volle Freiheit verbleibt, sich den Auswirkungen zu entziehen oder sie zu beenden, liegt nur Beihilfe zur Selbsttötung vor, so der BGH. Dabei sei der Gesamtplan entscheidend. Insoweit legt der BGH § 216 StGB in parallele zu § 217 StGB verfassungskonform dahingehend aus, wonach diejenigen Fälle vom Anwendungsbereich der Norm ausgenommen werden müssen, in denen es einer sterbewilligen Person faktisch unmöglich ist, ihre frei von Willensmängeln getroffene Entscheidung selbst umzusetzen. Letztlich führe der ohne Wissens- und Verantwortungsdefizit gefasste und erklärte Sterbewille zur situationsbezogenen Suspendierung der Einstandspflicht für das Leben des Ehegatten.
Die Suspendierung der Garantenstellung wird man in derartigen Fällen auch auf die im Gesundheitswesen tätigen Pflegekräfte und Ärzte diskutieren und je Einzelfallsituation bejahen oder verneinen dürfen.
BGH, Beschl. V. 28.06.2022 – 6 StR 68/21